High-Performer – Fluch oder Segen für das Team?

High-Performer werden als Leistungsträger:innen eines Teams/Unternehmens definiert. Es erscheint folglich als sehr wertvoll, eine:n solche:n Leistungsträger:in in der Mannschaft zu haben. Allerdings hat dies auch Tücken, denn der persönliche Erfolg des/der High-Performer:in geht weder zwangsläufig mit dem Erfolg für das gesamte Team einher noch automatisch mit der Erreichung des gesetzten Unternehmensziels. Was ist zu tun, um die Performance abzurufen und gleichzeitig das gemeinsame Ziel nicht zu gefährden?

 

High-Performer oder wir können sie auch „Stars“ nennen, kennen wir aus dem Sport: z. B. Cristiano Ronaldo, Rekordschütze von Real Madrid, jetzt bei Juventus Turin, Torschützenkönig, Weltfußballer des Jahres.  Oder Dirk Nowitzki, ehemals bei den Dallas Mavericks, einer der besten Basketballspieler aller Zeiten. Zwei sehr unterschiedliche Typen, die sich ganz verschieden auf dem Spielfeld zeigen. Während Ronaldo sich als Star der Mannschaft sieht, sich entsprechend in Szene setzt, auf sich, sein Image, seine Spielzüge und Tore fokussiert ist, ist Dirk Nowitzki ein Teamplayer. Er versteht seine Rolle als Integrator und als Vorbild. Er ist selbstreflektiert, flexibel und integrativ.

In einem Interview sagt er:

„Ich bin als Führungs-Spieler mit gutem Beispiel voran gegangen und sah dies auch als meine Aufgabe. Andere anzuregen, auch besser zu werden, mehr aus sich rauszuholen, das war mein Anliegen.”

 

 

Was bedeuten High-Performer:innen wie ein Ronaldo für das Team?

Low-und High-Performer:innen verlassen beide gern einmal ihre Teamrollen. Mitarbeitende, die eher introvertiert, still und wenig kämpferisch sind, überlassen dem "mächtigen Star" des Teams die Plattform und das Scheinwerferlicht. Zum einen ist es bequemer als sich „marktschreierisch“ zu geben zum anderen jedoch gefährden sie durch Rückzug und Resignation ihre Leistung und damit ihre Karriere. Die Performance sinkt und er/sie wird zum Low-Performer:in.

 

Der/die High-Performer:in ist hoch engagiert, wächst über sich hinaus und rechtfertig sein/ihr ungebremstes Voranschreiten mit seinem/ihrem Erfolg. Er/sie hat nur sich im Blick und erwartet für seine/ihre herausragende Leistung unaufgefordert hohe Anerkennung und Wertschätzung. Daraus schöpft er/sie tiefe innere Zufriedenheit. Bleibt die Anerkennung aus, wächst die Unzufriedenheit unbemerkt und beim nächsten passenden Angebot verlässt der/die High-Performer:in das Team. Da er/sie nicht über seine/ihre Gefühle spricht, findet ein Wechsel quasi ohne Ankündigung statt. Teammitglieder können zwar von den Überfliegenden viel lernen, diese bremsen aber leicht die Karriere anderer aus. Eine Studie der University of Iowa belegt, dass Teammitglieder sich zu sehr auf den/die High-Performer:in verlassen und damit nicht ihre eigenen Fähigkeiten ausschöpfen. Es entsteht eine Dysbalance und viel Unzufriedenheit im Team.

 

Daher sollte Ihr Fokus als Führungskraft auf diesen beiden Polen liegen, damit Sie nicht gleich zwei Teammitglieder verlieren. Werfen Sie einen Blick auf die Arbeitsmoral: Werden die Projekte als Gemeinschaftsprojekt empfunden, oder sind es Einzelprojekte eines Teammitgliedes? Fühlen sich alle Teammitglieder dem Gesamterfolg verpflichtet und für die „Spielzüge“ verantwortlich? Idealerweise sollte jeder die übertragene Aufgabe für sich annehmen und versuchen, sie aufs beste zu erfüllen oder gar die Erwartungen zu übertreffen. Der Erfolg hängt jedoch maßgeblich von dem Zusammenspiel des Teams ab: Haben sich alle mit ihren Aufgaben im Blick? Werden Normen, sprich Regeln eingehalten? Wird die Rollenverteilung angenommen und gelebt? Ist der eigene Status im Team und die Gruppenzusammenarbeit klar und anerkannt? Dies sollten Aspekte der ersten Stunde sein, wenn Sie ein Team übernehmen. Ist diese Klärung nicht erfolgt, sollten Sie sie schnellstens nachholen und gemeinsam mit Ihrem Team die o.g. Punkte festlegen.

Dirk Nowitzki sagt:

„Die Chemie und das Zusammenspiel machen eine gute Mannschaft aus. Es gibt natürlich Reibungen durch die verschiedenen Charaktere. Jeder sollte jedoch sein Ego ein bisschen zurückstecken und seine Rolle erfüllen. Das Zahnrad muss ineinandergreifen und alle müssen an einem Strang ziehen.“

 

 

Wie ist ein:e High-Performer:in zu führen?

Zunächst einmal sollten Sie analytisch auf Ihr Team schauen und anhand von bestimmten Merkmalen herausfinden, ob Sie eine:n High-Performer:in im Team haben. Ist die Person ein Workoholic, ein:e Macher:in? Wie ist sein/ihr Charakter, wer tickt er/sie und was ist der Person wichtig? Was sind die Herausforderungen für das Team mit diesem Mitglied? Ist er/sie eher ein Gewinn oder ein Hemmschuh?

 

Als gute Führungskraft sollten Sie so gut wie möglich individuell führen. Das heißt, gehen Sie auf jede:n einzelne:n Mitarbeiter:in ein mit Blick auf die o.g. Fragen. Hören Sie gut zu und führen Sie über Fragen. Ihr:e High-Performer:in ist ein:e Spezialist:in und denkt über Lösungen höchst wahrscheinlich selbst nach. Seien Sie eher Sparringspartner und Enabler als dass Sie klare Vorgaben machen und eng führen. Feedback und Wertschätzung sind für jedes Teammitglied wichtig – für den/die High-Performerin ganz besonders.

 

Wenn Sie jedoch merken, dass Ihre Leistungsträger:in überwiegend mit sich selbst beschäftigt ist und womöglich die Spielregeln missachtet, bitten Sie ihn/sie zum Gespräch. Zum einen sollte für alle Teammitglieder klar sein, dass Spielregeln für alle gelten – ausnahmslos. Werden sie gebrochen, sind Sanktionen leider unausweichlich, denn sonst machen Spielregeln und Ihr einwirkendes Gespräch keinen Sinn und beides verliert an Wert. Mit dem Schiedsrichter wird auch nur versuchsweise kurz diskutiert. Alle wissen, dass er das letzte Wort und die Entscheidung hat, Verweise ausspricht, bis hin zu Sperrung eines Einsatzes im nächsten Spiel.

Zum anderen ist es wichtig klar zu machen, dass nur wenn ein Team an einem Strang zieht, es auch gemeinsam erfolgreich sein kann. Erinnern wir uns an Ronaldo. Er ist ein Star. Trotzdem siegt seine Mannschaft bei weitem nicht bei jedem Spiel.

Wer nur sich selbst im Tunnelblick und kein Auge und keine Aufmerksamkeit für seine Teammitglieder und Mitspieler hat, der gefährdet trotz hohen Engagements das gesteckte Ziel. Es ist also an der Führungskraft, den Willen und die Fähigkeit zu wecken, nicht nur den Ball vor den eigenen Füßen und das gegnerische Tor zu sehen, sondern das gesamte Spielfeld und die Mannschaft im Blick zu haben.

 

Oftmals sind High-Performer:innen charmant und zuvorkommend und sichern in Ihrem Vier-Augen-Gespräch zu, sich mehr zu integrieren und auf das Team zu achten. Beobachten Sie, ob es leere Worte bleiben. Ist das so, muss es keine bewusste Ignoranz und Missachtung Ihres Wunsches und Ihrer Anweisung sein. High-Performer sind es meist nicht gewöhnt, sich mit anderen als sich selbst zu beschäftigen. Das heißt, der Schalter kann nicht von jetzt auf gleich umgelegt werden, sondern es wird Zeit, Willen und eine konstante Begleitung benötigen, damit der Lernprozess gelingt. Ohne den Willen des Mitarbeitenden wird sich nichts ändern. Sein Wille liegt jedoch meist ganz woanders: nämlich an seinem Ziel zu arbeiten, auch mal die Zähne zusammenzubeißen und noch mehr, besser, schneller und erfolgreicher zu arbeiten. Dafür braucht er/sie unbedingt Anerkennung und Wertschätzung. Das ist quasi seine/ihre Goldmedaille. Bleibt sie aus, zieht unmerklich Unzufriedenheit auf und ohne viel nachzudenken oder gar anzukündigen, wechselt Ihr:e High-Performer:in zum nächsten Arbeitgebenden.

 

 

Wie ein gutes Team entsteht

Sie möchten ein gut funktionierendes, erfolgreiches Team mit zufriedenen Teammitgliedern? Maßgeblich dafür sind der Gruppenzusammenhalt, Rollenklärung, das Verhalten der Teammitglieder und der jeweilige Status. Es ist essentiell wichtig zunächst gemeinsam Strukturen und soziale Normen, die für jedes Teammitglied gelten, zu klären. Es sind quasi die Leitplanken. Sie schaffen ein einvernehmliches Miteinander und Stabilität. Werden die Vereinbarungen verlässlich eingehalten, entstehen Freiräume. Sie dienen der individuellen Entfaltung und Weiterentwicklung, um die gesteckten Unternehmensziele zu erreichen. Abweichungen der Vereinbarungen sollten Sie - wie oben erwähnt - sanktionieren, sonst haben sie leider keinen Wert. Ausbrecher sorgen für Instabilität. Das Team verliert die Balance, das Rollenverständnis gerät aus den Fugen und im schlimmsten Fall untergräbt dies die erfolgreiche Teamperformance.

Vereinbarung der Kommunikationswege und -form (mit welchem Medium wird wie kommuniziert: duzen/siezen, persönliche Ansprache und Grußformel bei E-Mails etc. ) sorgen für Ordnung im Team, stiften Identität, steigern die Zufriedenheit und Leistung. Wichtig ist, den gemeinsam erreichten Erfolg zu feien und sich dabei immer wieder klar zu machen, dass es ein gemeinsamer Erfolg ist, der nur durch Teamfähigkeit möglich ist.

 

Teamfähig zu sein bedeutet, sich fortwährend in einem Spannungsfeld von Durchsetzungsstärke und Fügsamkeit zu bewegen, das eigene Verhalten am gemeinsamen Erfolg auszurichten und sich selbst zu reflektieren. Das ist für High-Performer:innen schwierig, weil sie sich und ihren Erfolg im Tunnelblick haben. Der Teamleader ist hier besonders gefragt, in steter Kommunikation immer wieder den Blick für das Team und den gemeinsamen Erfolg zu öffnen.

 

„Damit dies alles gelingt, braucht es einen guten Coach, eine gute Führungspersönlichkeit, der die Mitglieder taktisch und psychisch gut einstellt. Der Coach sollte wissen, wann er motivieren muss, wann er sich aber auch zurückziehen sollte und der Mannschaft freien Lauf lässt“, rät Dirk Novitziki.

 

 

Fazit:

Ein glanzvoller, hoch ausgezeichneter Teamplayer wie Cristiano Ronaldo ist zwar persönlich erfolgreich, bringt aber sein Team nicht zwangsläufig zum Erfolg. Oftmals lässt sich der/die Leistungsträger:in wenig integrieren. Er/sie verharrt im Tunnelblick, der einzig und allein auf sich selbst gerichtet ist und gefährdet damit den Gesamterfolg.

 

Somit kann ein:e High-Performer:in zwar ein Glück für die Mannschaft in der Hinsicht sein, dass Performance, Image und Glanz auf das Team abstrahlen. Der/die Leistungsträger:in kann jedoch für die Mannschaft dann zum Fluch werden, wenn er/sie nicht in der Lage ist, das gesamte Team im Blick zu behalten und sich an notwendiger Stelle zurückzunehmen.

 

Dirk Novitzki:

„Nur wer weiß, wer er ist und wo die eigenen Stärken und Qualitäten liegen, der kann sich flexibel an andere Menschen anpassen und dabei auch noch in jeder Situation souverän wirken“.

 

Britta Balogh