Rückblick auf das Jahr 2023 Britta B. Balogh

Wir leben in einer zunehmend unruhigen und unberechenbaren Welt und das Jahr war für viele disruptiv. Die Geschehnisse von inzwischen zwei Kriegen, die nicht fern von uns stattfinden, Inflation und einer wenig erfreulichen Wirtschaftsprognose nehmen Einfluss auf uns und unser Berufsleben. Unterschwellig wächst der Stress, der eine enorme Auswirkung auf jeden Einzelnen und auf berufliche Aspekte wie Homeoffice versus Büroanwesenheit, soziale Kontakte und Nähe, Mitarbeiterbindung, Veränderungsbereitschaft und nicht zuletzt Wettbewerbsfähigkeit hat.

In meinem persönlichen Rückblick auf mein vergangenes Jahr stoße ich auf weitere Themen wie Umfallen und Aufstehen, Verlust, Emotionalität, Business-Etikette, Umgang miteinander, Kommunikation, Team- und Orientierungsarbeit.

Werfen wir gemeinsam einen Blick auf diese Themen:

Arbeitsbelastung und Stress

Beide befinden sich aktuell in einem kritischen Bereich. Bedingt durch

  • den Druck des Fachkräftemangels

  • geburtenstarke Jahrgänge, die in absehbarer Zeit aus dem Arbeitsleben ausscheiden

  • eine ständige Fluktuation

entsteht eine höhere Arbeitsbelastung und damit Stress. Um so wichtiger sind Führung und Unternehmenskultur. Denn durch eine gute Führung, ein wertschätzendes Miteinander, eine zeitgemäße und gemeinsam vereinbarte Unternehmenskultur verringert sich das Stressempfinden, die Resilienz und die Verbundenheit zum Unternehmen wachsen, was die Produktivität und somit die Wettbewerbsfähigkeit erhöht. Diese beiden Faktoren sind zwei Kernthemen unserer aktuellen Arbeitswelt.

Eine Gallup-Studie vom Juni dieses Jahres belegt, dass eine gute Führung ein zentraler Faktor ist, um Stress zu reduzieren und die emotionale Bindung an das Unternehmen zu stärken. Laut der Studie reagieren Deutschlands Beschäftigte mit steigendem Stresslevel. „Dieser hat seit dem letzten Jahr um zwei Prozentpunkte auf 42 Prozent zugelegt.“ Es ist also das Gebot der Stunde, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, wenn das Unternehmen florieren und die Mitarbeitenden gebunden werden sollen.

Maßnahmen gegen steigenden Stress

  • Gute Führung

    Gute Führung bedeutet, den einzelnen Mitarbeitenden mit seinen/ihren Potenzialen zu sehen, ihn/sie individuell zu unterstützen und zu fördern und ihm/ihr die passenden Aufgaben zu übertragen. Je nach Größe des Unternehmens und des Teams ist ein solcher Anspruch an die Vorgesetzten nur schwer umsetzbar. Dennoch bietet dieses Konzept ein hohes Bindungspotenzial. Durch die individuelle Führung der Mitarbeitenden und die Gewissheit, gesehen und anerkannt zu werden, wird negativer Stress in positiven umgewandelt.

  • Bindung zum Unternehmen schaffen

    Die beste Bindung zum Unternehmen ist der Mitarbeitende selbst. Wenn die Chemie stimmt, das gegenseitige Vertrauen da ist, Freiräume für Entfaltung und Innovation vorhanden sind, entsteht eine emotionale Bindung. Es ist nicht der Kicker und nicht der Obstkorb.

  • Weiterbildung und Aufstiegschancen

    sind weitere wichtige Faktoren, denn wenn wir gefördert und positiv gefordert werden, trägt dies erheblich zur Bindung an das Unternehmen bei. Zusätzlicher Stress wird als deutlich weniger belastend empfunden.

  • Damit noch nicht genug: Hierarchieübergreifende Kommunikation, flexible Arbeitszeitmodelle und Gesundheitsangebote werden geschätzt und auch erwartet.

  • Die Sinnhaftigkeit der Arbeit sind ebenfalls Bindungsfaktoren.

Soziale Nähe und Wissenstransfer

Ein brisantes Thema ist die Rückkehr aus dem Homeoffice. Corona hat uns gelehrt, dass Arbeiten außerhalb der Büroräume effizient und erfolgreich ist. Die Führungskräfte haben in dieser Zeit Wege gefunden, mit ihrem Team in Kontakt zu bleiben und sie weiterhin effektiv zu begleiten und zu unterstützen. Dennoch wird der Ruf nach einer Rückkehr ins Unternehmen immer lauter.

Aus gutem Grund, denn es fehlt an sozialer Nähe und damit der informelle Austausch von Informationen und Ideen. Das Gefühl eines schlagkräftigen Teams, einer Einheit, einer Gemeinschaft und die daraus resultierende Stärke geht durch Abwesenheit verloren. Die soziale Bindung, das Miteinander kann nicht gestärkt werden und so stellt sich recht schnell die Frage: Warum für dieses Unternehmen arbeiten, warum nicht für ein anderes?

Der Austausch von Wissen und dessen Sicherung beschäftigt die Unternehmen zunehmend. Wissen, Erkenntnisse und Entwicklungen im Unternehmen zu halten und dort voranzutreiben bedeutet Wettbewerbsvorteil. Gerade zum jetzigen Zeitpunkt, da noch bis zu vier Generationen im Unternehmen tätig sind und voneinander profitieren können, ist der Wissensaustausch besonders wertvoll. Bedenkt man, dass 68 Prozent der Baby Boomer bereits in Rente sind oder in naher Zukunft gehen werden, wird klar, wie wichtig es ist, dieses Wissen im Unternehmen zu halten und den nachfolgenden Generationen zur Verfügung zu stellen.

Veränderungsbereitschaft stärken

In einer dynamischen Arbeitswelt und im Zeitalter von KI, Metaverse, Robotik und Nachhaltigkeit müssen wir uns mit unserer Veränderungsbereitschaft auseinandersetzen. Für die Unternehmen bedeutet der Blick in die Zukunft, auf die vorhandenen, überflüssigen und fehlenden Fähigkeiten zu schauen und Kompetenzlücken zu schließen.

Wie jedoch können Unternehmen und die Führungskräfte Veränderungsbereitschaft in der gesamten Belegschaft stärken und fördern? Unternehmen können es sich nicht leisten, Teile der Belegschaft oder eine Generation zurückzulassen, selbst wenn der Ruhestand in Sichtweite ist.

1.    Veränderung als Chance begreifen

Ein intensiver Austausch mit dem Team ist notwendig, damit Veränderung nicht als Bedrohung, sondern als Chance wahrgenommen wird. Das Gefühl, mitgenommen zu werden, gemeinsam voranzukommen, am Puls der Zeit zu bleiben und nicht abgehängt zu werden, stärkt die Bereitschaft, sich auf den gemeinsamen Weg zu machen.

In der Selbstreflexion und im Einzelgespräch können Glaubenssätze und Hindernisse erkannt und überwunden werden. Damit werden liebgewonnene Gewissheiten in Frage gestellt und die Flexibilität herausgefordert.

2.    Lebenslanges Lernen

Diese Bereitschaft hat sich bereits etabliert und hilft, Veränderung positiv zu betrachten. Durch ständige Weiterbildung öffnen wir unseren Geist, fördern die Flexibilität und nähren die Neugier auf neue Themen, Aspekte und Sichtweisen.

3.    Feedback und Motivation

Feedbackgespräche schaffen Raum für Reflexion. Gerade wenn es um die beruflichen Ziele der nächsten drei bis fünf Jahre geht, ist dies eine gute Gelegenheit, um für Weiterbildung zu werben und für notwendige Veränderungen zu motivieren.

4.    Vorbild sein

Führungskräfte und die Geschäftsleitung sollten erkennbar Vorbilder für Veränderungen sein und zeigen, dass auch sie bereit sind, sich diesen zu stellen und an ihren Kompetenzen zu arbeiten. Das Gemeinschaftsgefühl stärkt die Bereitschaft und ermutigt, Veränderungen gemeinsam zu tragen und anzugehen.

Themen, die meine Coachees und mich im Laufe des Jahres beschäftigt haben:

Umfallen und wieder Aufstehen

Das kostet viel Kraft und erfordert das richtige Mindset. Dazu gehört einerseits positives Denken, also die Zuversicht, dass die Energie, der Wille und die Kraft wiederkehren. Andererseits benötigen wir Anreize, um wieder aufstehen zu wollen und es mit Ausdauer, Disziplin und Optimismus auch zu schaffen. Sich einzugestehen, dass Veränderungen und unvorhersehbare Ereignisse uns herausfordern, desorientieren und beinah entwurzeln, ist ein wichtiger Aspekt der Verarbeitung und des Aufstehens. Dieser mühsame Prozess lässt uns wachsen, führt zu neuen Erkenntnissen und unter Umständen zu neuen Wegen.

Verlust und Emotionen

Hat uns etwas zu Fall gebracht, ist dies oft mit einem Verlust verbunden. Fall und Verlust, Niederlagen und Hindernisse lösen in uns Emotionen aus. Um sie einordnen und verarbeiten zu können ist es wichtig, sie zuzulassen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen:

  • Was wirft mich gerade aus der Bahn? Was verbirgt sich hinter der ersten Erkenntnis?

  • Was sind meine Glaubenssätze? Was darf sein, was nicht?

  • Welche Stereotypen sind in mir verankert?

  • Welcher Knopf habe ich oder andere gedrückt und woher kommt dieser Knopf? Was steckt eigentlich dahinter?

  • Welches Gefühl löst welche Reaktion in mir aus?

Diese Ereignisse und Phasen sind dazu da, um aus ihnen zu lernen. Möglicherweise präsentiert sich die Erkenntnis nicht sofort, sondern zeigt sich erst später im Rückblick. Wir haben die Chance, uns in diesen Phasen besser kennen zu lernen und angemessen und unterstützend mit uns umzugehen. Also kein Richtig oder Falsch, sondern ein feines Hineinfühlen in uns und das Zulassen der auftauchenden Gedanken und Erkenntnisse. So können wir unsere Emotionen besser einordnen, sie wenn nötig in Schach halten und den Verlust verarbeiten.

Miteinander umgehen und kommunizieren

In Zeiten von Instabilität, Bedrohung und Unsicherheit ist ein wertschätzender Umgang miteinander umso wichtiger. Er gibt uns Halt, schafft einen Rahmen, an dem wir uns orientieren können und schenkt uns positive Emotionen. Ein freundliches, anerkennendes, herzliches Wort, eine belustigende Bemerkung, die verbal gereichte Hand tut unserem Wohlbefinden gut, stärkt uns, schenkt Vertrauen und schafft Verbundenheit. Ein freundlicher Umgang miteinander, kostet nichts und doch vielen Menschen Anstrengung und Disziplin. Es macht einen Unterschied, in Kurzform ohne jegliche, persönliche Anrede zu kommunizieren oder sich die Zeit zu nehmen, darüber nachzudenken, was man mitteilen möchte, in welcher Form das angemessen ist und wie die Nachricht die beste Wirkung entfaltet. Die Wertschätzung dem anderen gegenüber, gepaart mit einer durchdachten, klaren, unmissverständlichen Kommunikation beugt Missverständnissen vor. Sie ausräumen zu müssen kostet weit mehr Zeit und Mühe, als sich täglich um einen höflichen und achtsamen Umgang miteinander zu bemühen.

Mit diesem Rückblick und guten Vorsätzen lassen wir die letzten 11 Monate hinter uns und blicken auf das Jahr 2024. Möge es uns Frieden und Gesundheit bringen, Kraft schenken und Neugierde wecken, um mit den Veränderungen Schritt halten zu können. Freundschaft und Wertschätzung sind unerlässlich und ein hohes Gut, um eine starke, verlässliche und tragende Gemeinschaft zu sein.

Ich wünsche allen eine friedliche und fröhliche Adventszeit, erholsame Feiertage und kommen Sie und ihre Lieben gut in ein positives, gesundes und sicheres neues Jahr.

Ihre/Eure

Britta Balogh

Britta Balogh