Business Etikette – Augenhöhe oder Anmaßung?
Vor einiger Zeit habe ich eine Geschäftsführerin eines großen Verbandes mit einer jungen Unternehmerin aus meinem Netzwerk zusammengebracht. Eine Kooperation war in Aussicht, der Kontakt vielversprechend. Wir sollten einen Text für den Newsletter des Verbandes liefern – klar terminiert, professionell aufgesetzt.
Während ich darauf achtete, die Vereinbarungen einzuhalten, ließ meine Kollegin Termine verstreichen. Keine Rückmeldung, kein Hinweis. Ich musste mich für die Verzögerung entschuldigen und erhielt auf meinen Hinweis hin nur ein Achselzucken:
„Ich hab Land unter, das hat gerade keine Priorität.“
In diesem Moment wurde mir wieder bewusst, wie leicht „auf Augenhöhe“ missverstanden wird.
Augenhöhe bedeutet nicht, dass alle dieselbe Rolle haben oder gleich auftreten.
Es bedeutet, den anderen ernst zu nehmen, mit seiner Verantwortung, seinem Kontext und seinem Zeitrahmen.
Diese kleine Szene erzählt mehr über Wirkung, Haltung und Respekt als viele Führungsleitbilder.
„Auf Augenhöhe“ bedeutet nicht, dass alle gleich handeln, sondern dass man sich gegenseitig ernst nimmt, mit Verantwortung, Kontext und Zeit.
Business Etikette hat genau hier ihren Platz: Sie schafft Orientierung, wo Nähe und Distanz, Eigeninteresse und Rücksicht, Selbstbewusstsein und Respekt in Balance gebracht werden sollten. Sie ist kein Regelwerk. Sie ist Bewusstsein im Handeln und schützt Beziehungen, wo Routine sie gefährdet. Sie schafft Vertrauen, wo Unsicherheit herrscht.