Must have: Weiterbildung in Coronzeiten

„Kein Geld, keinen Nerv, bloß nicht auch noch digital, nicht jetzt, keine Ahnung was, wir müssen erst einmal sehen wohin die Reise geht, vielleicht später, welches Thema überhaupt, für wen ist eine Fortbildung geeignet?“ sind Ausrufe und Fragen, die zum Thema Weiterbildung in der Coronazeit getätigt werden.

Dabei zeigt eine Forsa-Umfrage, dass Weiterbildung auch unter Coronabedingungen bei Angestellten beliebt ist:

Für fast die Hälfte der rund 1.000 Befragten (46 Prozent) ist die berufliche Weiterbildung sehr wichtig, für weitere 32 Prozent wichtig. Nur zwölf Prozent erachten sie als weniger wichtig und immerhin noch zehn Prozent halten Weiterbildung in ihrem Beruf für unwichtig.

  

Findet lebenslanges Lernen zu wenig statt?

Wenn Weiterbildung also überwiegend beliebt ist und Unternehmen starke und motivierte Mitarbeitende benötigen, müsste es doch jetzt einen Run auf die Bildungsinstitute geben.  Liegt es allein an der aktuellen Finanznot, warum so wenige die Möglichkeiten zur Fortbildung nutzen? Dieses Argument trifft nicht in jedem Fall zu, denn es gibt genügend Fördermöglichkeiten, die das Unternehmen in Anspruch nehmen könnte. Es mangelt auch nicht an Angeboten von Akademie, Instituten, Schulungseinrichtungen bis hin zu Coaches und Trainern. 

Folglich wäre es vorausschauend, jetzt die Zeit zu nutzen, um das Unternehmen mit seinen Mitarbeitenden für die Zukunft zu rüsten. Die aktuellen und zukünftigen Anforderungen an Führungskräfte sind hoch. Sie beziehen sich insbesondere auf technische und digitale Fähigkeiten und auf die Erweiterung der Soft Skills. Denn mit den neuen technologischen Mitteln verändern sich die Arbeitsprozesse und damit einhergehend die Aufgaben der Beschäftigten, aus denen neue Kompetenzanforderungen erwachsen. Die Soft Skills gewinnen rasant an Bedeutung, um den Herausforderungen zu genügen, Teams zu führen, zu motivieren und zu entwickeln, zwischen Team und Management zu moderieren und nicht zu vergessen, Kunden zu überzeugen und zu binden. Die Führungskraft setzt heute weniger ihr Fachwissen ein, viel mehr ihre sozialen, personalen und methodischen Kompetenzen.

Durch digitale, flexible Organisationsformen, remotes und agiles Arbeiten haben sich die Ansprüche auf Mitarbeitender- und Unternehmerseite verändert. Mehr denn je ist Eigeninitiative gefordert. Insbesondere von Führungskräften wird erwartet, dass sie Entscheidungen treffen, die sich eindeutig an der Unternehmensstrategie und -kultur ausrichten. Umso wichtiger ist es also daher, dass sie auch tatsächlich über die nötigen technischen, sozialen und kommunikativen Fähigkeiten verfügen und in der Lage sind, diese auch anzuwenden.

Gerade in der Krise und ebenso danach werden starke und engagierte Mitarbeitende benötigt. Daher ist es sinnvoll, sie zu motivieren und ihnen gerade jetzt die Chance zur Weiterentwicklung zu bieten. Die Unternehmen profitieren von den neu erworbenen Fähigkeiten und die Mitarbeitenden identifizieren sich um so mehr mit „ihrem“ Unternehmen. Allerdings sollten die Personalentwickler die Mitarbeitenden generell mehr bei der Wahl beraten und motivieren. Laut der Forsa-Umfrage nimmt mit zunehmendem Alter die Bereitschaft für und der Wert einer Weiterbildung ab. Der Wunsch nach Beratung zeigt auch eine Studie des Infas Instituts für angewandte Sozialwissenschaft im Auftrag der Wochenzeitung “Die Zeit”. Demnach wünschen sich fast drei Viertel der deutschen Arbeitnehmenden von ihren Vorgesetzten mehr Unterstützung bei der Fort- und Weiterbildung. 74 Prozent der Befragten halten es demnach für wichtig, “Vorgesetzte zu haben, die einen unterstützen, sich weiter zu entwickeln”. In der Altersgruppe der 25- bis 45-Jährigen waren es sogar 80 Prozent. Auf die Frage, wie dieser Bereich in ihren Unternehmen umgesetzt werde, gaben lediglich 45 Prozent aller Befragten an, sie seien damit “zufrieden”.

Obwohl die Akzeptanz zu „lebenslangem Lernen“ zu 70 Prozent bei den Arbeitnehmenden angekommen ist und als wichtiges Element gilt, um den eigenen Job zu sichern, nehmen dennoch nur die Hälfte der derer ein Weiterbildungsangebot wahr. Warum ist das so?

 

Die Gründe

Wie die Studie gezeigt hat, wird die Notwendigkeit von Weiterbildung unterschätzt. Das gilt sowohl für die Belegschaft als auch für die Unternehmen. Tendenziell überschätzen die Menschen ihre Fähigkeiten, stellen sie selten auf den Prüfstand und halten gern am (bequemen) Ist-Zustand fest. Daher fehlt hier sowohl die Fremdwahrnehmung als auch Neugierde und Lernbereitschaft. Das ist eine gefährliche Mischung, möchte man auch morgen noch im Arbeitsalltag vorn mitspielen.  

Unternehmen verkennen, dass Führungskompetenz und organisatorische Fähigkeiten Faktoren sind, von denen möglicherweise ihr Überleben abhängt – insbesondere in unsicheren Zeiten. Die Kompetenzen von morgen sind gänzlich andere, als die von gestern, weshalb dringend notwendig ist, die Mitarbeitenden fit für die Zukunft zu machen. Daher gilt es ihnen abgestimmte Angebote zu unterbreiten, den Freiraum und das Umfeld für Schulungen zu schaffen und ihrer Bereitschaft zum Lernen zu unterstützen.

Den Mitarbeitenden fehlt oftmals der Überblick über die Fülle der Angebote. Auf der Suche nach interessanten Themen tendieren sie dazu, sich entsprechend der eigenen Interessen und Ziele fortzubilden, weniger mit Fokus auf die Themen, die den Mehrwert für das Unternehmen schaffen. Die Auswahl wird von der Personalabteilung unter die Lupe genommen und mit dem Nutzen für das Unternehmen abgeglichen. Anstatt diesen Auswahlprozess miteinander zu besprechen und zu vereinbaren, wird dann eher nach Schema F vorgegangen und wenn die gewünschte Fortbildung nicht unmittelbar der Tätigkeit und dem Nutzen der Abteilung dient, abgelehnt. Ein Blick über den Tellerrand und auf die Persönlichkeitsentwicklung findet weniger statt. So finden Mitarbeitende manches Angebot der Fachabteilung uninteressant und lehnen ihrerseits lieber ab.  

 

Fazit 

Dank der Digitalisierung ist es heute viel einfacher geworden, neue Fähigkeiten zu erwerben. Für Mitarbeitende und die Unternehmen ist dies eine gute Entwicklung, denn Lernen gehört zum Arbeitsalltag hinzu und ist durch Online-Schulungen individueller, flexibler, vielfältiger und kostengünstiger geworden.

Schon allein der Blick auf den Fachkräftemangel müsste die Arbeitgebenden in Unruhe versetzen. Es ist dringend geboten, den Verbleib der Teams zu sichern und sie für morgen aufzustellen. Jeder Tag zählt in unserer sich schnell entwickelnden Zeit. Machen Sie Ihr Mitarbeiter fit. Jetzt! Es zahlt sich in guten Zeiten aus.

Das Angebot und die Zustimmung zu einer Weiterbildung ist gerade in Krisenzeiten ein Motivationsschub, denn es zeigt Wertschätzung und sendet das Signal aus, heute und zukünftig Interesses an dem Mitarbeitenden zu haben. Zwar verbringen die Teilnehmenden mit einer Online-Schulung zusätzliche Stunden vor dem Bildschirm, was eine erhöhte Anstrengung bedeutet und Disziplin erfordert. Andererseits bietet es die Möglichkeit für Abwechslung, Inspiration, dem Kopf neues Futter und der Seele Zufriedenheit zu schenken. Das ist gerade in einer Krise ein unschätzbarer Wert.

Britta Balogh